Zum dritten Revival des legendären Dieburger Dreiecksrennens kamen am Samstag Tausende Besucher und genossen das Flair im Fahrerlager, auf der Fanmeile und bei den vier Läufen der historischen Motorräder.
Eine
Aussage hört man von Fahrern wie Besuchern
des Dieburger Dreiecksrennens immer wieder. Viele sprechen davon,
dass sie beim Anblick, beim Geruch und den Geräuschen der Motorräder
„einen Glanz in die Augen bekommen“.
„Ob
du selbst Motorrad fährst oder nicht –
etwas verändert sich bei dir, sobald du aufs Veranstaltungsgelände
kommst“, sagt Rainer Fäth (46). Er ist mit seiner Frau aus Münster
gekommen – 2009 war er zum ersten Mal Gast des Spektakels, das der
Dieburger Motorrad- und Automobilclub im ADAC zur Freude Tausender
Motorradfans 2005 wiederbelebte. Zuvor hatte die legendäre
Motorsportveranstaltung ein halbes Jahrhundert pausiert.
„Für mich ist das hier ein Traum“, sagt Fäth,
dessen Blick schon an der Kasse abschweift, hin zu den etwa 120
Motorrädern, die die Altstadtstraße in Dieburg säumen. Er kommt
dann auch nicht weit – überall findet er jemanden zum Fachsimpeln.
So unterschiedlich die Oldtimer sind, eint sie doch zwei Dinge: Alle
sind für den Straßenverkehr zugelassen, und alle werden von ihren
Besitzern mit Hingabe gepflegt.
Einen ersten Überblick verschaffen Schilder an den Lenkrädern, die über Marke, Modell und Baujahr informieren. Manche weisen noch auf eine Besonderheit hin. So hat der Besitzer einer NSU Super Lux, Baujahr 1955 den Zusatz „Tolles Teil“ darunter geschrieben.
Hier und da heulen Motoren auf
Je näher man dem Fahrerlager und der Rennstrecke kommt, desto lauter wird es. Auch der Geruch wird intensiver. Hier und da heulen Motoren auf, begleitet von hellem Qualm. Dazwischen erklären Edgar Lossnitzer und Peter Hoff die Besonderheiten des Gespannfahrens. Der Laie darf sich sogar selbst einmal als „Turner“ – wie Lossnitzer den Beifahrer nennt – versuchen. Der Beiwagen seiner „Norton Manx“, Baujahr 1955, ist eigentlich eine Pritsche mit mehreren Haltgriffen. Auf sie legt man sich nicht einfach drauf und macht es sich dann gemütlich. Der „Turner“ springt vielmehr beim Anfahren auf die Pritsche und übernimmt während des Rennens die Regie.
„Bei einer scharfen Linkskurve musst du mit dem Oberkörper ganz flach nach vorne links raus, um die Fliehkraft auszugleichen“, erklärt Peter Hoff der Reporterin. Kaum ist das geschafft, kommt schon die Ansage: „Jetzt nach hinten rechts, über den Sitz des Fahrers!“ Wenn dieser bremsen müsse, brauche das Hinterrad mehr Last, sonst breche es aus. „Fahrer und Beifahrer müssen perfekt harmonieren, es ist wie ein Paartanz“, sagt der Motorradfan aus Trier. Beim letzten der vier Rennen muss er das „Turnen“ eine halbe Stunde lang durchhalten.
Während er die Anstrengung gewohnt ist, ist für Karin Böhle (52) das Turnen auf dem Gespann neu. Einen Durchgang ist sie mit ihrem Partner vorab gefahren; mehr Zeit war zum Üben nicht drin. „Wir haben Zeichen vereinbart für den Fall, dass ich die zehn Runden nicht durchhalte“, sagt Böhle.
Dennoch ist sie voller Vorfreude. „Ich fahre seit fünf Jahren Motorrad, und kann gleich bei einer so tollen Veranstaltung dabei sein.“ Hinzu komme, dass sie mit der 60 Jahre alten BMW ihres Freundes auf der „Königin unter den Renngespannen“ mitfahre. „Ich bin nur ein paar Zentimeter vom Boden weg“, sagt Böhle und fügt an: „Deshalb nennt man uns Beifahrer auch Schmiermaxe.“
Drei Kurven auf 3,3 Kilometer
Dann werden die Fahrer gebeten, sich am Platz neben Start- und Zielpunkt zu versammeln. Die 3,3 Kilometer lange, vom Verlauf dreieckige Rennstrecke, die an der Aschaffenburger Straße beginnt und über die K128 und die Groß-Umstädter Straße zurück zum Ausgangspunkt führt, wird in wenigen Minuten freigegeben. Das erste Rennen – ein Schaulaufen der Motorräder bis Baujahr 1976 – fährt Karin Böhle allein auf einer NSU Max aus dem Jahr 1957. Als sie auf ihr Gefährt steigt und den Motor anlässt, ist es wirklich da, das Leuchten in den Augen.
Auch bei den Zuschauern, die zu Tausenden am Straßenrand stehen, ist es zu erkennen. Bei Norbert Braun (73) wecken die vorbeifahrenden Motorräder Kindheitserinnerungen. Die Dreiecksrennen zwischen 1948 und 1955 hat er alle miterlebt und findet es schön, dass die Stadt so kooperativ gewesen sei bei der Wiederbelebung der Legende. „Früher gab es zwei Rennstrecken, die die ganze Stadt mit der unbeschreiblichen Atmosphäre erfüllten“, erzählt er und fügt an: „Außerdem hatten wir Kinder zum Dreiecksrennen immer schulfrei.“
Quelle: www.echo-online.de